Boreout
Wenn Langeweile zur Belastung wird
Die ein oder andere Mail beantworten, ein kurzes Telefonat führen und dann den Rest des Tages entspannt zurücklehnen dürfen? – Was im ersten Moment wie der Traum eines jeden Arbeitnehmers wirkt, kann vor allem langfristig zu einem Problem werden und in ernsthaften gesundheitlichen Folgen resultieren.
Die Rede ist von dem sogenannten Boreout-Syndrom. Definiert durch den englischen Begriff „to bore“, also „sich langweilen“, beschreibt das Boreout-Syndrom einen meist chronischen Zustand der Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz. Aufgrund der mangelnden Forschungslage ist das Boreout-Syndrom streng genommen kein anerkanntes Krankheitsbild, dementsprechend gibt es leider auch keine nachgewiesenen effektiven Behandlungsmethoden.

Seit einigen Jahren haben sich in der Praxis dennoch einige interessante Zusammenhänge herausgebildet: Betroffene fühlen sich entweder gelangweilt, weil sie wenig bis gar nichts zu tun haben (quantitatives Boreout) oder fühlen sich durch ihre Tätigkeit und entsprechenden Aufgaben nur unzureichend gefordert (qualitatives Boreout). Die Folgen gestalten sich in beiden Fällen ähnlich: Betroffene sind unzufrieden, frustriert und fühlen sich wertlos. Daraus resultieren dann meist Motivations- und Leistungsverluste, auch Schlaf- und Erholungsprobleme können auftreten. Im schlimmsten Fall kann ein Boreout-Syndrom eine Depression oder andere gesundheitliche Probleme verursachen, die behandelt werden müssen.
Im Arbeitsalltag ist dieses Syndrom überwiegend nur schwer identifizierbar. Denn das Boreout-Syndrom ist vor allem im Vergleich zum Burnout-Syndrom gesellschaftlich weniger anerkannt und viele sind sich dessen Auswirkungen nicht oder nur teilweise bewusst. Infolgedessen trauen sich viele Betroffene oft nicht, ihre Beschwerden am Arbeitsplatz offen anzusprechen und versuchen, mittels spezieller Strategien ihren Unmut zu verschleiern. So täuschen sie durch künstliches Überstrecken von kleinen Aufgaben vor, sehr beschäftigt zu sein oder bauen bewusst Überstunden auf, um den Eindruck eines hohen Arbeitspensums zu vermitteln.
Leider entpuppt sich aber gerade hier eine Art Teufelskreis: Denn die Betroffenen fühlen sich über längere Zeiträume unterfordert und gelangweilt und verringern als Konsequenz ihre Motivation und Leistungsbereitschaft. Neue und potenziell interessantere und herausfordernde Aufgaben werden aufgrund der fehlenden Leistungsbereitschaft und mangelnder Qualität schließlich an andere Mitarbeiter delegiert.
Wie aber nun Abhilfe schaffen? Die Grundlage bildet wie so oft eine offene und ehrliche Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um über Probleme zu sprechen, potenzielle Boreout-Syndrome vorzubeugen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Dabei sollte man über interessante und passende Aufgaben nachdenken, die dem Kompetenzniveau des Arbeitnehmers entsprechen. Auch regelmäßiges konstruktives Feedback und Wertschätzung für geleistete Arbeit können Abhilfe schaffen. Durch eine effizientere Arbeitsplanung und Organisation kann zudem sichergestellt werden, dass Aufgaben gleichmäßig und gerecht verteilt werden, um Leerlaufzeiten und Langeweile bei einzelnen Personen zu vermeiden. Hier könnte man nach Möglichkeit auch starre Arbeitszeitmodelle aufbrechen, um die Arbeitszeiträume den anfallenden Aufgaben nach flexibler gestalten zu können.
Quellen:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Text die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.