15.07.2021 11:36
von Torsten Vogel

Was wir von der Island-Studie lernen können - Ist die 40-Stunden-Woche ein Auslaufmodell?

Die 4-Tage-Woche

Eine Studie aus Island erregt derzeit viel Aufmerksamkeit in den Medien. In zwei großangelegten Versuchen haben über 1% der gesamten isländischen Bevölkerung ihre Wochenarbeitszeit von 40 Stunden auf 35 oder 36 Stunden reduziert. Dabei mussten sie jedoch nicht auf Gehalt verzichten. Insgesamt nahmen über 2.500 Menschen teil, welche in den unterschiedlichsten Berufen und Arbeitszeitmodellen arbeiteten. Island hat die gewonnenen Erkenntnisse bereits in die Praxis umgesetzt, sodass 86% der isländischen Arbeitnehmer nun entweder in der 4-Tage-Woche arbeiten oder zumindest die Möglichkeit dazu haben.

Die Studie zielte auf zwei wesentliche Punkte ab. Zum einen konnte gezeigt werden, dass die Verringerung der Wochenarbeitszeit zu einem höheren Wohlbefinden und einer verbesserten Work-Life-Balance führt. Arbeitnehmer gaben an, sich am Arbeitsplatz positiver und glücklicher zu fühlen. Zudem konnten Symptome von Stress reduziert werden. Daraus resultierten Verbesserungen in ihrem Privatleben, welche wiederum positive Auswirkungen auf ihre Arbeitsleistung hatten. Die Mitarbeiter waren außerdem motivierter, sodass das Interesse an Teilzeit sank. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass die Produktivität der Mitarbeiter, trotz oder gerade durch die Reduzierung der Arbeitszeit, entweder gleichblieb oder sogar anstieg. Letzteres konnte insbesondere in Büros, Schulen und Jobs im Freien beobachtet werden. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass die Teilnahme an dem Versuch die Arbeitgeberattraktivität steigerte, was sich in einer höheren Anzahl an Bewerbungen niederschlug.

Die Studie schlägt einige Strategien vor, mit denen die Arbeitszeit reduziert werden kann. Insgesamt muss aber festgestellt werden, dass die möglichen Strategien so individuell sein können (und auch sollten), wie die Arbeitsplätze selbst. Der Schlüssel zu einer Verringerung der Arbeitszeit ist Flexibilität, sowohl in der Art und Weise der Aufgabenausführung als auch in der Arbeitszeitenregelung. Trotzdem gibt es einige Ideen, die in Betracht gezogen werden können. Sie umfassen u.a. eine effektivere Priorisierung der täglich anfallenden Aufgaben, eine effektivere Delegation und Verteilung der Aufgaben, sowie die Verkürzung von Kaffeepausen. Außerdem können Meetings kürzer und dafür fokussierter gehalten werden. Dafür könnten Meetings auf festgelegte Uhrzeiten begrenzt werden (z.B. keine Meetings nach 15 Uhr). Wo möglich können sie sogar durch E-Mails ersetzt werden.

Ist die 4-Tage-Woche mit einer Arbeitszeitverringerung wie in Island auch in anderen Ländern möglich? Feststeht, bei der 4-Tage-Woche handelt es sich nicht nur um eine Modeerscheinung. Das Modell wurde in einigen Unternehmen bereits getestet. Darunter große Unternehmen wie Microsoft in Japan, aber auch für Startups ist das Modell geeignet. Nach Island zieht auch Spanien im Herbst 2021 mit einem einjährigen Modellprojekt nach. Nachdem die Island-Studie auch in Deutschland viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, bleibt die Beobachtung der weiteren Debatte spannend.

Zurück

Copyright © strategie:p