20.09.2023 08:00
von Torsten Vogel

Die Evolution der Bewerbungsprozesse im digitalen Zeitalter

Warum das Anschreiben (fast) tot ist

In den letzten Jahren hat sich das Erscheinungsbild des Bewerbungsprozesses signifikant verändert. Der Übergang von physischen Bewerbungsunterlagen zu digitalen Formen war nur der Anfang dieser Veränderung. Der gesamte Ansatz erfährt derzeit eine umfassende Transformation. Das einst zentrale Element der Bewerbung, das Anschreiben, verliert zunehmend a Bedeutung und könnte fast als Überbleibsel vergangener Epochen betrachtet werden.

Unternehmen wie Infineon und die Deutsche Bahn gewähren einen Einblick in diese Transformation. Bei Infineon besteht die Möglichkeit, auf ein Anschreiben zu verzichten, während die Deutsche Bahn dieses sogar für Auszubildende abgeschafft hat. Dies verdeutlicht, dass die Unternehmen selbst die Relevanz erkannt haben, den Bewerbungsprozess zu modernisieren und den Fokus auf die tatsächlichen Qualifikationen und Fähigkeiten der Bewerber zu legen. Diese Trendwende ist nicht isoliert zu betrachten, sondern steht im Kontext globaler Entwicklungen. Die zunehmende Knappheit von Fachkräften in bestimmten Branchen, insbesondere in der IT und Ingenieurswissenschaften, hat einen katalytischen Effekt auf diesen Wandel. Unternehmen zeigen eine wachsende Bereitschaft, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen, um eine größere Anzahl von Bewerbungen zu erhalten und sich im Wettbewerb um die besten Talente durchzusetzen. Neben den betriebswirtschaftlichen Überlegungen wird der Umbruch zusätzlich durch technologische Fortschritte begünstigt. Die Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in den Personalbeschaffungsprozess ermöglicht es Unternehmen, Bewerber effizienter zu überprüfen und somit die Bedeutung des Anschreibens zu verringern. Ein weiteres Element dieser technologischen Entwicklung ist die Zunahme von Plattformen für digitales Recruiting, auf denen Bewerber ihre Qualifikationen auf innovative Weise präsentieren können. Eine weitere Nuance in dieser Veränderung besteht darin, dass einige Experten die Einführung einer "Seite 3" empfehlen. Diese Seite fungiert als zeitgemäßes Pendant zum Anschreiben und erlaubt Bewerbern, ihre persönliche Motivation und Ziele in einem prägnanteren und zielgerichteteren Format darzulegen. Was übrig bleibt, ist das persönliche Vorstellungsgespräch, das nach wie vor eine bedeutende Funktion innehat. Allerdings hat sich der Weg dorthin grundlegend gewandelt. Interviews werden nun häufig durch vorherige Online-Assessments oder sogar gamifizierte Elemente ergänzt, um eine umfassendere Bewertung der Bewerber zu ermöglichen.

In der Gesamtheit erfährt der Bewerbungsprozess momentan eine Revolution, die sowohl durch technologische Fortschritte als auch durch ein verändertes Verständnis der Bedeutung traditioneller Bewerbungsunterlagen vorangetrieben wird. Es scheint lediglich eine Frage der Zeit zu sein, bis das Anschreiben und andere herkömmliche Bestandteile endgültig an Bedeutung verlieren. Jedoch sollte dies nicht als Verlust, sondern als erforderliche Anpassung an eine dynamische Arbeitswelt interpretiert werden.

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