08.08.2022 13:34
von Melanie Weigert

Nichterreichbarkeit im Urlaub

Muss ich für Vorgesetzte oder Kollegen erreichbar sein?

Deutschland steckt mitten in den Sommerferien und für die meisten Arbeitnehmenden bedeutet dies Zeit für Urlaub. Im Urlaub sollen Mitarbeiter abschalten. Doch manchmal kommt es vor, dass der Vorgesetzte oder Kollege ein dringendes Anliegen hat und Arbeitnehmende tatsächlich im Urlaub kontaktiert werden. Eine Studie des Marktforschungsinstituts iVOX zeigt, dass rund 23% aller deutschen Beschäftigten auch während ihrer Urlaubstage für Kollegen und Vorgesetzte erreichbar sind.

Doch müssen Angestellte im Urlaub wirklich für ihren Chef oder einen Kollegen erreichbar sein?

Die Antwort ist tatsächlich nicht ganz eindeutig und abhängig davon, ob es vertragliche Regelungen gibt und ob es sich um den gesetzlichen Mindesturlaub oder um freiwillig gewährten Urlaub handelt.

In manchen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass Mitarbeiter auch an ihren arbeitsfreien Tagen z.B. im Urlaub erreichbar sein müssen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nicht jede Regelung im Arbeitsvertrag rechtlich zulässig ist. Grundsätzlich sind die Arbeitszeitgesetze zu beachten. Pausen oder Urlaub dienen zur Erholung und Wiederherstellung der Arbeitskraft und somit letztlich dem Gesundheitsschutz. Somit muss unterschieden werden, ob es sich um die gesetzliche Mindesturlaubszeit von 24 Werktagen handelt oder aber um darüber hinaus, vom Arbeitgeber freiwillig gewährte Urlaubstage. Bei freiwillig gewährten Urlaubstagen sind vertragliche Sonderregelungen bzgl. der Erreichbarkeit tatsächlich erlaubt.

Sollte es keine vertraglichen Sonderregelungen geben oder es handelt sich um die gesetzliche Mindesturlaubszeit, gilt, egal ob dringend oder nicht dringend - Mitarbeiter, die offiziell Urlaub haben, müssen für niemanden erreichbar sein! Im Bundesurlaubsgesetz wird erklärt, dass Mitarbeiter an freien Tagen komplett von der Arbeit entbunden sein müssen. Telefonate oder E-Mails zu beantworten, würde also dem Erholungszweck des Urlaubs widersprechen. Erhalten Arbeitnehmende während dieser Zeit trotzdem berufliche Anrufe, Nachrichten oder E-Mails, müssen sie diese grundsätzlich nicht wahrnehmen und beantworten.

Das Gleiche gilt übrigens auch für Führungskräfte. Viele Führungskräfte erklären sich jedoch bereit, nach Vereinbarung mit dem Unternehmen, in dringenden Angelegenheiten erreichbar zu sein. Als Führungskraft sind sie selbst daran interessiert, dass die Geschäfte auch während ihrer Abwesenheit reibungslos weiterlaufen.

Sollte ein Mitarbeiter im Urlaub die Mails und Telefonate seines Chefs unbeantwortet lassen, drohen somit keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Jeder verhaltensbedingten Kündigung muss eine Abmahnung vorausgehen. Ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten kann dem Arbeitnehmer im Urlaub aber gar nicht vorgeworfen werden.

Die Nichterreichbarkeit von Arbeitnehmenden während der Urlaubszeit ist somit noch nicht eindeutig gesetzlich verankert. Das EU-Parlament plant jedoch ein Recht auf Nichterreichbarkeit auf den Weg zu bringen. Hiermit soll verbindlich geregelt werden, dass Diensthandy und Laptop aus bleiben dürfen, ohne dass Beschäftigte negative Folgen befürchten müssen. Ein solches Recht ist zum Schutz der Arbeitnehmenden mittlerweile unverzichtbar, da die Gesundheit unter dem Druck der ständigen Erreichbarkeit und der verlängerten Arbeitszeit leidet.

Quellen:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Text die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.

 

https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/arbeitsrecht-erreichbarkeit-im-urlaub_76_365614.html

https://www.personal-wissen.de/12024/haben-arbeitnehmer-ein-recht-darauf-im-urlaub-nicht-erreichbar-zu-sein/

https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/erreichbarkeit-im-urlaub-arbeitsrecht-193579/

 

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